Marktbericht Dezember 2022
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Allgemeine Wirtschaftsentwicklung
Internationale Konjunktur
Geopolitischer Rahmen
Der geopolitische Rahmen hat sich etwas entspannt. Mehrere internationale Konferenzen wie die COP 27 in Ägypten, das G20-Treffen in Indonesien und der Gipfel der APEC-Staaten in Bangkok haben die Interessengegensätze nicht gelöst, aber die Staatsmänner der Nationen der Welt ins Gespräch gebracht. Auf allen Konferenzen wurde deutlich, dass die weltwirtschaftlichen Schäden des Ukraine-Krieges inzwischen alle Nationen treffen. Der internationale Druck zur Wiederherstellung des Friedens überbrückt Gegensätze und isoliert Russland immer stärker. Noch ist der Sand im Getriebe der Weltwirtschaft nicht beseitigt, aber der Motor ist wenigstens in der Werkstatt.
Nachhaltiger Eindruck
Nach dem Bericht der OECD vom November 2022 befindet sich die Weltwirtschaft in einem Energieschock, wie sie ihn seit den Siebzigerjahren nicht mehr erlebt hat. Dieser senkt das Wirtschaftswachstum weltweit. Im Jahr 2023 wird es auf +2,2 % zurückgehen und sich im Jahr 2024 auf bescheidene +2,7 % steigern.
Während Europa, Nordamerika und Südamerika ein sehr geringes Wachstum aufweisen, ist Asien der wichtigste Wachstumsmotor.

Krieg treibt Inflation
Die OECD macht keinen Hehl daraus, dass Russlands Angriffskrieg die Hauptursache für die hohe Inflation und das geringe Wachstum ist. Zwar haben die Folgen der Pandemie trotz rascher Erholung die Preise bereits schleichend steigen lassen, doch erst mit dem Einmarsch Russlands stiegen die Preise sprungartig. Die Preiseffekte verteilen sich zunehmend rund um den Globus. Somit sinken die Reallöhne und mit ihnen die Kaufkraft.
Auch wenn es weh tut, hat die Inflationsbekämpfung oberste Priorität, damit sich die Probleme nicht noch verschärfen. Erste Erfolge bei der Inflationsbekämpfung sieht die OECD in Brasilien und in den USA.
Die Unsicherheiten sind hoch und tendieren nach Meinung der OECD eher in Richtung zusätzlicher Belastungen. Sollten sich die Energieengpässe weiter verschärfen, würde dies auch die Preise treiben und die Notenbanken zu noch restriktiverem Eingreifen zwingen. Höhere Zinsen und ein höherer Dollarkurs verschärfen das Problem der Verschuldung. Auch das erwartete Wachstum in China steht aufgrund der anhaltenden Schwäche der Immobilienmärkte, dem Anstieg notleidender Kredite und den Folgen der restriktiven Pandemiebekämpfung auf tönernen Füßen.
Zur Konjunkturampel
Das farbliche Bild der Konjunkturampel hat sich leicht aufgehellt. Bei den Preisen hat sich die Perspektive für 2023 etwas verbessert. Mit einer Rückkehr zu stabilen Preisen rechnen die meisten Experten erst ab 2024.
Auch die bauwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bewegen sich langsam in die richtige Richtung. Der Wirtschaftsbau wird 2023 vom Logistikboom gestützt. Die Versorgungssituation dürfte sich 2023 etwas entspannen. Der Wohnungsbau kommt 2023 aus der Schockstarre. Insgesamt neutralisieren sich die positiven und negativen Wirkungen der bauwirtschaftlichen Treiber zunehmend.

Rohstoffpreise auf dem Rückzug
Milde Temperaturen füllen die Speicher und senken den Stresslevel. Der Gaspreis sank im Oktober um -27,6 % und lag damit auf Vorjahresniveau.
"Im Oktober sank der HWWI-Rohstoffpreisindex im Vergleich zum September um insgesamt 13,1 %. Dabei waren alle drei Teilindizes (Nahrungs- und Genussmittel, Industrierohstoffe und Energierohstoffe) rückläufig. Am deutlichsten sank der Index für Energierohstoffe (-14,4 %). Die anderen beiden Indizes sanken nur leicht: Der Index für Industrierohstoffe um -2,6 % und der Index für Nahrungs- und Genussmittel um -2,3 %." (HWWI). Die konjunkturelle Abschwächung von der Weltwirtschaft bis zum deutschen Baumarkt führte im Oktober zu Preisrückgängen bei Industrierohstoffen. Die Situation bleibt jedoch volatil. Chinas Änderung der Null-Covid-Politik weckte Hoffnung auf eine Belebung der weltwirtschaftlichen Nachfrage und ließ die Preise für Industrierohstoffe im November wieder steigen. Ob das anhält, ist angesichts der jüngsten Covid-Ausbrüche und Proteste so unsicher wie vieles in dieser Zeit.
USA: verhaltener Optimismus
Die Inflation stieg im Oktober mit +7,7 % deutlich geringer als erwartet. Wenn sich die Entwicklung fortsetzt, könnte die Notenbank ihren geldpolitischen Kurs etwas entschärfen. Damit wächst der Optimismus der Investoren. Im Dezember dürfte es aber noch zu einer weiteren Zinserhöhung um 0,5 % kommen. Die US-Wirtschaft spürt die Zinserhöhungen jedoch bereits. Insbesondere die Technologiebranche setzt Arbeitskräfte frei. Der Anstieg auf 3,7 % Arbeitslosigkeit ist aber immer noch historisch niedrig. Die Nachfrage nach Hypotheken ist eingebrochen und die Häuserpreise sinken.
Asien sortiert sich neu
Noch präsentiert sich China auf dem Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Bangkok als führende Wirtschaftsmacht Asiens. Das Wachstum ist jedoch bereits deutlich unter das der restlichen Schwellenländer Asiens gefallen. Beim Wachstum hat Indien die Führung übernommen. Die internationalen Konzerne orientieren sich wegen der Spannungen zwischen den USA und China zunehmend in andere asiatische Regionen. Insbesondere in den Ländern Vietnam, Malaysia und Thailand entstehen neue Produktionsstandorte. Die ASEAN-Bündnisstaaten haben bei den Direktinvestitionen mit China gleichauf gezogen. Rechnet man Indien noch hinzu, so liegen die Länder des asiatischen Südens bereits deutlich vorn.

Die Länder Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam locken mit niedrigen Gehältern. Dabei stehen Ihnen die Technologiemächte Japan, Südkorea und Taiwan als strategische Partner zur Verfügung.
Auf Japan entfielen 2021 mit nur einem Zehntel von Chinas Bevölkerung mit 147 Milliarden Dollar etwas mehr Auslandsinvestitionen als auf China. Indonesien machte kürzlich nicht nur als Ausrichter des G-20-Gipfels von sich reden, sondern sieht sich auch zunehmend als Alternative zu China. Präsident Widodo hat mit einem massiven Bauprogramm die Infrastruktur des Landes modernisiert und für Investoren attraktiver gemacht. Die Wirtschaft wächst in diesem und im nächsten Jahr um etwa 5 %. Die deutschen Direktinvestitionen machten rund 2,5 Milliarden € aus. Ein Freihandelsabkommen mit der EU konnte in elf Verhandlungsrunden die unterschiedlichen Interessen (Nickel, Palmöl) nicht ausräumen. Insgesamt sieht man sich jedoch auf einem guten Weg zum Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Der Druck der Krisen könnte die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten beeinflussen.
Lateinamerika
Das BIP Brasiliens wird laut IWF im Jahr 2022 um +2,8 %, 2023 um 1,0 % und 2024 um 1,9 % wachsen. Der Konsum der privaten Haushalte, die privaten Investitionen und die Exporte werden weiterhin die wichtigsten Wachstumstreiber sein. Die Ausgaben der privaten Haushalte werden durch höhere Sozialtransfers und ein kräftiges Beschäftigungswachstum begünstigt. Die privaten Investitionen werden aufgrund des zunehmenden Vertrauens der Unternehmen weiter ansteigen. Trotz höherer globaler Zinssätze hat sich der Wechselkurs in diesem Jahr leicht aufgewertet, was den Inflationsdruck abschwächt.
Die hohe Inflation in Argentinien wird den privaten Verbrauch noch länger belasten. Die strengen Kapitalverkehrskontrollen und die politische Unsicherheit führen zu einem starken Rückgang der Investitionen in der zweiten Jahreshälfte 2022 und ihr Fortbestehen wird nur eine bescheidene Erholung in den Jahren 2023 und 2024 ermöglichen.

Türkei
Das BIP-Wachstum wird sich von +5,3 % im Jahr 2022 auf rund +3,0 % im Projektionszeitraum abschwächen. Die Inflation wird zurückgehen, aber bei mehr als 40 % verharren. Dies wird die Kaufkraft der Haushalte beeinträchtigen, während die erhöhte Unsicherheit die Investitionen bremsen wird. Das Exportwachstum wird sich aufgrund der schwächeren Auslandsnachfrage verlangsamen. Die Arbeitslosenquote wird den Projektionen zufolge im Jahr 2023 bei über 10 % liegen. Der hohe Außenfinanzierungsbedarf und die geringen Reservepuffer machen die Wirtschaft sehr anfällig für Schocks. (UNECE)
Osteuropa
Polens reales BIP-Wachstum wird sich aufgrund höherer Energiepreise, einer schwächeren Inlandsnachfrage und eines schwachen außenwirtschaftlichen Umfelds auf +0,9 % im Jahr 2023 abschwächen.
Ungarns Wachstum wird voraussichtlich von 6,0 % im Jahr 2022 auf 1,5 % im Jahr 2023 zurückgehen, bevor es sich 2024 auf 2,1 % erholt. Die Verlangsamung spiegelt die anhaltend hohe Inflation, die schwächere Auslandsnachfrage und negative Vertrauenseffekte wider. Orban kämpft mit Verordnungen gegen Preissteigerungen, was zu Verknappungen führen dürfte.

Das BIP-Wachstum der Tschechischen Republik leidet unter höheren Energie- und Rohstoffpreisen und Lieferunterbrechungen bei Gas- und Ölimporten aus Russland. Die Lebenshaltungskosten sind stark gestiegen und das Risiko von Energieengpässen ist hoch.
Euro-Länder
In Frankreich wird die Inflation mit +5,9 % im Jahr 2022, +5,7 % im Jahr 2023 und +2,7 % im Jahr 2024 geringer ausfallen als in den meisten Euro-Ländern. Das sinkende Vertrauen der Unternehmen und Haushalte, die schwächere Weltwirtschaftslage und die große Unsicherheit werden jedoch Investitionen und Exporte bremsen. Angesichts der Verlangsamung des Wachstums und des Rückgangs der Beschäftigung wird die Arbeitslosenquote bis 2024 auf +8,1 % steigen.

Das italienische Rechtsbündnis beunruhigt die Finanzmärkte und die Partner. Das gewonnene Vertrauen der Regierung Draghi scheint bereits verspielt. Nach einem kräftigen Wachstum von +3,7 % in 2022 wird Italiens Wirtschaft 2023 stagnieren (+0,2 %). Die Arbeitslosigkeit wird steigen. Die Verbraucherpreisinflation wird voraussichtlich nur allmählich von etwa zehn Prozent Ende 2022 zurückgehen auf 6,5 % in 2023. Die Rendite italienischer 10-jähriger Staatsanleihen tendierte vorübergehend gegen fünf Prozent. Inzwischen ging sie auf knapp vier Prozent zurück.
Das Wachstum der Eurozone hat sich im III. Quartal 2022 nach dem starken Konsumanstieg im Sommer verlangsamt. Darüber hinaus deuten die vorausschauenden Stimmungsindikatoren darauf hin, dass das Wachstum weiter zurückgehen und im IV. Quartal sogar negativ werden könnte. Das Vertrauen der Verbraucher und in geringerem Maße auch das der Unternehmen im Euroraum ist stark eingebrochen. In der Zwischenzeit hat sich die Inflation weiter erhöht und lag im Oktober bei +10,6 %. Die rückläufigen Realeinkommen wurden teilweise durch steuerliche Maßnahmen abgefedert, mit denen die Haushalte für die Auswirkungen der höheren Energiepreise entschädigt wurden. Obwohl sich das Wachstum der Tariflöhne bisher in Grenzen gehalten hat, ziehen die Lohnforderungen in einigen Ländern, darunter Belgien und Deutschland, an. Die Arbeitslosigkeit ist weiter zurückgegangen. Im September 2022 lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im Euroraum auf ihrem historischen Tiefstand von 6,6 %, gegenüber dem jüngsten Höchststand im September 2020 von 8,6 % und deutlich unter der durchschnittlichen Quote von etwa 9,0 % in den letzten zehn Jahren.
Im laufenden Jahr 2022 legt das Wachstum in der Eurozone noch um +3,3 % zu. Lediglich Deutschland und Luxemburg weisen ein Wachstum von weniger als zwei Prozent aus. Deutschland hat auch 2023 mit -0,3 % die rote Laterne im europäischen Konjunkturzug.
Sonstige europäische Länder
Das Wachstum Großbritanniens liegt 2023 etwas unter den Vorjahreswerten (-0,4 %) und wird im Jahr 2024 mühsam um +0,2 % steigen. Die Verbraucherpreisinflation wird Ende 2022 aufgrund der hohen Energiepreise und der anhaltenden Knappheit an Arbeitskräften und Gütern einen Höchststand von etwa 10 % erreichen, bevor sie bis Ende 2024 allmählich auf 2,7 % zurückgeht. Der private Verbrauch dürfte sich aufgrund steigender Lebenshaltungskosten verlangsamen. Die Arbeitslosenquote wird voraussichtlich bis Ende 2024 auf 5 % steigen.

In Schweden ist das Vertrauen der privaten Haushalte im Oktober auf ein Rekordtief gefallen, was teilweise auf ein negatives Reallohnwachstum und steigende Hypothekenzinsen zurückzuführen ist. Die Hauspreise sind stark gesunken, liegen aber immer noch über dem Niveau vor der Pandemie. Der Arbeitsmarkt ist angespannt, und die Arbeitslosenquote ist im September auf 6,5 % gesunken. Die Inflation ging im Oktober auf 9,3 % zurück.
Man sollte meinen, dass das Scheichtum im Norden Europas besser durch die Krise kommt. Allerdings ist auch Norwegen von stark steigenden Preisen betroffen, die den privaten Konsum drosselten. Hohe Preise, Versorgungsengpässe und ein schwächeres globales Wachstum belasten die Unternehmensinvestitionen. Die Inflation der Verbraucherpreise erreichte im Oktober +7,5 %.
Zinsen
Anfang November hat die amerikanische Notenbank (FED) den Leitzins zum vierten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Er liegt damit in einer Spanne von 3,75-4,00 %. Anfang des Jahres lag der Wert noch bei null bis 0,25 %. Gleichzeitig kündigte die Notenbank an, bei künftigen Zinserhöhungen behutsamer vorzugehen. Damit machte sie deutlich, dass die Zinsen weiter steigen werden, nur nicht mehr so kräftig. Experten erwarten den Zinsgipfel im Mai 2023 bei etwa fünf Prozentpunkten. Es wird erwartet, dass die Zinserhöhungen Anfang 2023 in der Wirtschaft erste rezessive Auswirkungen zeigen werden. Sollten gleichzeitig die Preise wie im Oktober stark zurückgehen, könnte sich die FED veranlasst sehen, die Zinserhöhungen noch vor Erreichen der 5 % Marke einzustellen.
Die EZB wird auf ihrer Ratssitzung Mitte Dezember eine weitere Zinserhöhung beschließen. Der ehemalige Chefvolkswirt des IWF, Olivier Blankschar, empfiehlt eine Zinserhöhung um 0,75 %, weil dies angesichts der hohen Inflation gerechtfertigt sei. Danach sollte sich die EZB eine Pause gönnen und sehen, wie sich die Lage entwickelt. Die Ungewissheit im Winter sei zu groß, um die Geldpolitik weiter aggressiv zu straffen.
Die Refinanzierungszinssätze der Banken liegen im Euroraum derzeit zwischen 2,00 % und 2,25 %. Bis zum Jahresende dürften sie somit auf 2,75 % bis 3,00 % steigen. Das bringt auch die Bauzinsen weiter unter Druck. Im September ging man noch davon aus, dass diese bis zum Jahresende auf 3,5 % steigen. Derzeit geht man eher von 4,5 % aus.
Euro-Kurs
Bis in den Sommer notierte der Euro bei 1,02 $/€. Im Vergleich zur Zinspolitik der FED bewerteten die Märkte die Straffungsimpulse im Euroraum als relativ gering, was den Euro schwächte. Darüber hinaus stiegen die Unsicherheiten im Herbst nochmals kräftig an, was den Dollar immer tendenziell begünstigt. Der Euro sackte im Oktober unter die Dollarparität. Die verbesserte Lage am Gasmarkt wirkte einer weiteren Abschwächung entgegen. Damit hat sich der Wechselkurs wieder deutlich erholt. Im November bewegte er sich zwischen 1,02 und 1,04 $/€. Aufgrund der weiterhin hohen wirtschaftlichen Dynamik bei geringer Arbeitslosigkeit in den USA dürfte die FED noch für einige Monate entschlossener gegen die Inflation vorgehen als die EZB. Damit dürfte sich der Eurokurs weiterhin im Bereich der Dollarparität bewegen.